Das vom Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvR 2019/16 gefällte Urteil ist ein Sieg für alle Menschen, die sich anhand ihrer körperlichen Merkmale nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Der Gesetzgeber muss nun den Paragrafen 22 des Personenstandsgesetzes nachbessern. Dieser lässt im Absatz drei bisher nur eine einzige Ausnahme zu, denn er lautet aktuell noch: Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.
Was muss sich nach dem Urteil 1 BvR 2019/16 ändern?
Das Personenstandsgesetz muss um die Möglichkeit der Eintragung eines dritten Geschlechts erweitert werden. Dabei ist momentan die Bezeichnung „inter“ im Gespräch, die dann auch auf die Transgender angewendet werden könnte. Als solche werden Menschen bezeichnet, die im Laufe ihres Lebens ihre äußeren geschlechtlichen Merkmale operativ verändern lassen. Ob und wann die dafür notwendigen Änderungen vorgenommen werden, steht allerdings derzeit noch nicht fest. Werden sie realisiert, kann das neu einzuführende Geschlecht im Personalausweis und dem Reisepass ebenfalls eingetragen werden. Eine Anpassung des Passgesetzes ist dafür nicht notwendig, da der dortige Paragraf 4 lediglich die Eintragung des Geschlechts vorschreibt, aber keine eintragungsfähigen Geschlechter definiert.
Warum sehen die Verfassungsrichter die Ergänzung für notwendig an?
Die derzeitige rechtliche Regelung verstößt gegen das im Grundgesetz verankerte Verbot der Diskriminierung. Außerdem sehen die Karlsruher Richter in der Begründung zum Urteil 1 BvR 2019/16 einen Verstoß gegen das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit als gegeben an. Das Diskriminierungsverbot und das Persönlichkeitsrecht werden in den Artikeln 1 und 3 des Grundgesetzes garantiert. Durch die Einführung der Eintragungsfähigkeit eines weiteren Geschlechts entsteht ein erhöhter Verwaltungsaufwand, da sämtliche Formulare der Behörden angepasst werden müssen. Aber auch hier haben die Bestimmungen des Grundgesetzes eine höhere Wirksamkeit als der Einwand von höheren Kosten. Der Einwand, dass von der Einführung der Eintragungsfähigkeit eines zusätzlichen Geschlechts die Rechte Dritter eingeschränkt werden könnten, wurde von den Verfassungsrichtern ebenfalls als unzutreffend abgewiesen.
Quelle: bundesverfassungsgericht.de