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Dass Schwule und Lesben immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert werden, erlebten auch Cornelia Scheel und Hella von Sinnen. Cornelia Scheel, die nach der Heirat ihrer Mutter vom ehemaligen Bundespräsidenten Walter Scheel adoptiert wurde, musste sogar die Entbindung von einer wichtigen Funktion hinnehmen. Das geschah im Jahr 1991, nachdem ihre Beziehung mit Hella von Sinnen durch den gemeinsamen Besuch des Bundespresseballs bekannt wurde. Die Entbindung von ihrer Funktion erfolgte durch eine Organisation, bei der man Vorurteile nicht erwarten würde. Aber die Deutsche Krebshilfe befürchtete damals einen massiven Einbruch der verzeichneten Spenden, wenn Cornelia Scheel weiterhin beim Referat Öffentlichkeitsarbeit verbleiben würde. Sie lebte bis 2014 mit Hella von Sinnen zusammen. Die Trennung der beiden Lesben wurde jedoch erst im Jahr 2015 in einem offiziellen Statement bestätigt.

“Aktion Standesamt“ forderte schon 1992 die Ehe für Lesben und Schwule

Pionier bei der Ehe für alle war Dänemark, wo die Eheschließung für schwule und lesbische Paare bereits im Jahr 1989 erlaubt wurde. Das nahm der LSVD zum Anlass, um 1992 eine von den Medien stark beachtete Initiative mit dem Titel „Aktion Standesamt“ zu starten. Damals gehörten Hella von Sinnen und Cornelia Scheel zu den rund 250 gleichgeschlechtlichen Paaren, die bei den zuständigen Standesämtern die Eheschließung beantragten. Sie taten das, obwohl von vornherein klar war, dass diese verweigert werden würde. Die knappe Hälfte dieser Paare reichte Klagen gegen diese Verweigerung ein. In einigen Fällen entschieden Gerichte zu Gunsten der Lesben und Schwulen. Ein Beispiel dafür ist das Verfahren, das unter dem Aktenzeichen 40 UR III E 166/92 beim Amtsgericht Frankfurt anhängig war. Diese Urteile wurden in der zweiten Instanz gekippt.

Erfolg kam erst 25 Jahre später

Ein Paar wollte sich das nicht gefallen lassen und legte im Rahmen der „Aktion Standesamt“ eine Verfassungsbeschwerde ein. Als Begründung wurden die Regelungen des Artikels 6 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vorgebracht. Doch das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde unter dem Aktenzeichen 1 BvR 640/93 zurück. Begründet wurde das mit dem Hinweis darauf, dass die Beteiligung zweier Menschen unterschiedlicher Geschlechter das „prägende Merkmal“ einer Ehe sei. Mit den Gesetzesänderungen des Jahres 2017 und der Öffnung der Ehe für alle wurden die Forderungen der „Aktion Standesamt“ ein Vierteljahrhundert später im deutschen Familienrecht verankert.
Quelle: tagesschau.de, lsvd.de