Grafik Partnerschaft

Mit dem Begriff Fernbeziehung verbinden viele Menschen sofort ausschließlich Nachteile. Dabei schlagen hier durchaus auch Vorteile zu Buche, wie eine Langzeitstudie der Universität Göttingen zu den häufigsten Partnerschaftsproblemen belegt. Diese Langzeitstudie erstreckte sich über den Zeitraum 2005 bis 2016. Mit mittlerweile mehr als 220.000 Befragten zählt sie sich zu den umfangreichsten Studien zu Partnerschaftsproblemen, die im deutschsprachigen Raum jemals durchgeführt wurden.

Welche Probleme treten in einer Fernbeziehung meistens nicht auf?

Mindestens die Hälfte aller Befragten gibt an, dass die verbale Auseinandersetzung bei der Lösung von Partnerschaftsproblemen eine wichtige Rolle spielt. Auch die Art und Weise des Umgangs mit Kritik wird als häufigster Grund für Probleme in der Partnerschaft benannt. Hier hat die Fernbeziehung einen ganz entscheidenden Vorteil, da hier die üblichen Alltagskleinigkeiten wie die nicht heruntergeklappte Toilettenbrille in den Hintergrund rücken. Solche Kleinigkeiten werden in einer auf Distanz geführten Beziehung, bei der sich die Partner nur am Wochenende oder gar wenige Tage im Jahr sehen, eher toleriert als beim dauerhaften Zusammenleben in einer Wohnung. Damit kommt auch der Änderungsbereitschaft nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Sie wird von knapp vierzig Prozent der Probanden als Ursache für Beziehungsprobleme benannt.

Welche praktischen Vorteile haben Fernbeziehungen?

Neben der bereits benannten Vermeidung von Streitigkeiten um alltägliche Kleinigkeiten kommt dem persönlichen Freiraum eine große Bedeutung zu. Jeder Partner behält seinen persönlichen Rückzugsort. So besteht die Chance, sich beim Aufkommen kritischer Situationen aus dem Weg gehen zu können. Außerdem haben die Partner weiterhin zeitlichen Freiraum, um beispielsweise ein Hobby oder Kontakte zu Freunden zu pflegen. Gerade diese Dinge sind oft Anlass zu Eifersüchteleien bei Partnern, die ständig zusammen sind. Einen Pluspunkt kassieren Fernbeziehungen auch bei der Erhaltung des erotischen Prickelns.

Studie zeigt auch Nachteile einer Fernbeziehung auf

Die mit Abstand am häufigsten genannten Gründe für Probleme in einer Beziehung sind mangelndes Vertrauen, enttäuschte Erwartungen an die Treue sowie Defizite beim Sexualleben. Ein hohes Maß an Vertrauen ist ein absolutes Muss bei einer Fernbeziehung. Ein Grund ist, dass die Möglichkeiten der Kontrolle der Treue durch die Distanz erheblich eingeschränkt sind. Fernbeziehungen sind in Auswertung der Studie also auch nur denkbar für Menschen, die mit gelegentlichem Sex auskommen. Anderenfalls sind Seitensprünge vorprogrammiert. Beides zusammen bewirkt, dass es bei Menschen mit einem hohen Eifersuchtslevel in Fernbeziehungen immer zu Misstrauen kommt. Das Misstrauen wiederum kann sich äußerst nachteilig auf die Qualität der Beziehung auswirken und sogar eine Trennung nach sich ziehen.

Fernbeziehungen haben ganz praktische Nachteile

In Zeiten drastisch steigender Wohnungsmieten und Immobilienkaufpreise haben Fernbeziehungen einen wachsenden wirtschaftlichen Nachteil. Er resultiert aus der Tatsache, dass die Kosten für zwei Wohnsitze aufgebracht werden müssen. Hinzu kommen die Reisekosten, die durch die einseitigen oder gegenseitigen Besuche entstehen. Sie werden für viele Paare über die Zeit hinweg zu einer finanziell untragbaren Belastung. Nicht zu vergessen sind außerdem die Kosten, die für Kommunikationskanäle und Versicherungen an beiden Wohnsitzen aufgebracht werden müssen.

So manche Fernbeziehung kann sogar gefährlich werden

Der Startschuss für Fernbeziehungen fällt oft durch Erstkontakte in Flirtbörsen oder den klassischen Social Networks. Durch intensive Gespräche entstehen häufig schnell enge Bindungen. Doch gerade hier ist die Gefahr groß, enttäuscht oder gar betrogen zu werden. Hinter den Profilen können auch Betrüger stecken, die es sich zunutze machen, dass über große Distanzen hinweg keine vis-a-vis-Kontakte stattfinden können. Mittlerweile gibt es sogar Nutzer, die Möglichkeiten der Einspielung kurzer Videosequenzen in den Videochats der gängigen Social Networks und Messaging-Dienste gefunden haben. Schon so mancher Nutzer musste hier feststellen, dass hinter der vermeintlich hübschen jungen Frau ein einsamer älterer Herr mit verqueren erotischen Fantasien steckt.

Quelle: Institut für Psychologie der Universität Göttingen