Schon nach dem Austausch weniger Nachrichten versuchen die Scammer, ihre Opfer möglichst schnell von den Flirtbörsen und Social Networks wegzulocken. Der Grund dafür ist, dass sie sich der Kontrolle der Plattformbetreiber entziehen wollen. Außerdem können sie dort die Speicherung nicht beeinflussen, sodass später eine lückenlose Beweisführung möglich wäre. Mit dem Hinweis, keinen durchgängigen Zugriff auf die Flirtbörsen und Social Networks zu haben, verwiesen sie lange Zeit auf Mailkontakte. Inzwischen erfreut sich hier WhatsApp großer Beliebtheit, weil hier der Zugang auch mit nicht registrierten Prepaid-SIM-Karten möglich ist.
Warum verwenden die Betrüger mehrere SIM-Cards?
Die Betrüger nutzen für ihre Aktivitäten immer mehrere Prepaid-SIM-Cards. Erkennbar ist das daran, dass sie über einen Account immer nur zu bestimmten Zeiten erreichbar sind. Dabei passen die Aktionszeiten oftmals nicht zum Tag-und-Nacht-Wechsel der angeblichen Wohnorte. Das Ziel der Nutzung einer Vielzahl von Prepaid-SIM-Cards besteht darin, auch dann noch handlungsfähig zu bleiben, wenn einzelne Rufnummern bei Scamwatch gemeldet und infolgedessen gesperrt werden. Außerdem werden die Rufnummern bei WhatsApp mit unterschiedlichen Profildaten ausgestattet. Später werden diese Profile als „helfende Freunde“ in die Aktivitäten mit einbezogen, welche die Aussagen der Betrüger bestätigen.
Die übliche Strategie der Scammer
Mittlerweile haben einige dieser professionellen Betrüger eine recht gute Menschenkenntnis. Sie können sehr schnell einschätzen, wo sich die Investition ihrer Zeit lohnt und wo das Risiko einer Entdeckung hoch ist. Wer hartnäckig einige der gegebenen Informationen hinterfragt, wird oft sofort fallengelassen wie „eine heiße Kartoffel“. Das geht häufig mit Beleidigungen und Beschimpfungen einher. Immer wieder betonen die Scammer, sich sofort in das Bild eines Profils verliebt zu haben. Diese Beteuerungen werden binnen kurzer Zeit sehr eindringlich. Manche der Betrüger nehmen sich inzwischen auch mehrere Monate Zeit, um ihre Opfer „einzuwickeln“. Dann kommen erste Andeutungen zu dringenden familiären Schwierigkeiten.
Opfer sollen angeblich kranken Angehörigen helfen
Die Betrüger geben überwiegend an, Babys oder kranke Großeltern in der Familie zu haben. Der Grund ist, dass sich auf diese Weise am einfachsten Mitleid wecken lässt. Meist wird eines der Kinder krank und muss dringend operiert werden. Dabei hat die Familie angeblich keine Krankenversicherung und auch kein Geld, um die Operation zu bezahlen. Spätestens dieser Hinweis zeigt, dass es sich nicht um Amerikaner handeln kann. Seit der Einführung von „Obamacare“ kann in den USA jedes Baby vom Staat versichert werden. Auch gibt es eine staatlich bezuschusste Krankenversicherung für Senioren. Hinzu kommen die mobilen und stationären Ärzte verschiedener Hilfsorganisationen.
Hinweise auf solche Möglichkeiten ignorieren die Scammer komplett und betteln stattdessen um die Unterstützung mit Geld, was in der Regel per Western Union verschickt werden soll. Dort müssen die echten Namen angegeben werden. Die Betrüger bitten deshalb darum, das Geld „an Dritte“ zu überweisen, weil sie selbst angeblich nicht die Möglichkeit haben, zur nächsten Geschäftsstelle zu fahren.
Scammer erfinden Freunde als Helfer
An dieser Stelle kommen häufig „gute Freunde“ ins Spiel, die helfen wollen, aber gerade nicht können. Sie nehmen parallel Kontakt zu den Opfern auf und „bestätigen“ diese Aussagen. Tatsächlich aber verbergen sich hinter diesen „Freunden“ die Betrüger selbst. Auch deshalb haben sie mehrere Profile und SIM-Cards. Dabei fällt immer wieder auf, dass die Betrüger untereinander gut vernetzt sind. Nicht in jedem Fall lässt sich anhand der Ländervorwahl erkennen, dass sie aus Nordafrika oder Südamerika stammen. Viele Scammer sind so erfolgreich, dass sie sich sogar SIM-Cards mit einer amerikanischen Ländervorwahl leisten können.
Scammer machen Pläne und fordern dafür Geld
Eine andere Strategie der Betrüger ist, dem Opfer vorzugaukeln, dass sie es zum besseren Kennenlernen besuchen möchten. Dabei werden oft kurzfristige Termine angesetzt. Das Opfer soll sich Gedanken machen, was während der Zeit des Besuchs gemacht werden kann. Tage bis Stunden vor dem geplanten Besuch gibt es die Aussage, aufgrund eines Bankfehlers oder einer fehlenden Zahlung des Arbeitgebers/ Auftraggebers könnte das Flugticket nicht bezahlt werden. Das Opfer wird aufgefordert, die Kosten für das Flugticket vorzustrecken. Allerdings steht das Opfer dann vergeblich am Flughafen, denn nach der Zahlung ist der Scammer auf Nimmerwiedersehen verschwunden und sperrt in der Regel sofort sämtliche Kontaktmöglichkeiten.